Denken mit der Hand

8. November 2022

Denken mit der Hand

Die erfolgreiche Papeteriemarke „Leuchtturm 1917“ wirbt mit dem Slogan „Denken mit der Hand“: „Schreiben mit der Hand ist Denken auf Papier. Aus Gedanken werden Worte, Sätze, Bilder. Erinnerungen werden zu Geschichten. Ideen verwandeln sich in Projekte. Aus Notizen entsteht Durchblick. Wir schreiben und verstehen, vertiefen, sehen, denken – mit der Hand.“

So ist es. Schreiben per Hand ist auch und gerade im digitalen Zeitalter unverzichtbar. Die vielen positiven Aspekte des Handschriftlichen sind längst wissenschaftlich bewiesen. Es gibt tatsächlich jede Menge gute Gründe, wieso das Schreiben mit der Hand klüger und wahrscheinlich sogar glücklicher macht – mindestens jedoch acht:

Begreifen durch Greifen

„Die Hand ist das Fenster zum Geist“, formulierte schon der deutsche Philosoph Immanuel Kant vor fast 300 Jahren. Unser sensibler Tastsinn erzeugt nämlich bei jeder Berührung, bei jedem Anfassen ein Feuerwerk von Verknüpfungen in unserem Gehirn. Schreiben mit Stift und Papier beschleunigt dadurch unser Denken.

Schreiben als Geistestraining

Fließend Lesen zu lernen dauert. Ebenso braucht es Jahre, dass das komplexe Zusammenspiel von Feinmotorik, Abstraktion und Imagination beim Schreiben automatisch gelingt. Wer mit der Hand schreibt, lässt seine Synapsen auf Hochtouren arbeiten und stärkt die Verbindung zwischen rechter und linker Gehirnhälfte. Beim Schreiben mit Stift und Papier werden alle Areale unseres Gehirns beansprucht.

Lernen durch Schreiben

Sobald wir Stift und Papier zur Hand nehmen, setzen sich wertvolle Denk- und Verarbeitungsprozesse in Gang, die nachweislich beim Tippen nicht entstehen. Mittels handschriftlicher Notizen lässt sich Wissen nachhaltiger verankern. Auch der Wortschatz einer neuen Sprache bleibt besser im Gedächtnis, sobald man ihn aufschreibt. Wissen wächst mit seiner Anwendung: Mit der Hand Geschriebenes bleibt verhaftet und vergrößert unser Wissen.

Denken auf Papier

Unser Geist ist begrenzt. Den Gedanken freien Lauf zu lassen, das gelingt am einfachsten mit Stift und Papier. Gedanken zu ordnen und das innere Chaos zu beseitigen, erzeugt einen nahezu objektiven Abstand – die Basis dafür, Vorhaben klar zu sehen.  Verschriftlichte Gedanken können zudem nicht vergessen werden. Aus Kopfkino wird so Konkretes und vielleicht sogar das nächste umgesetzte Projekt.

Sich schreibend befreien

In unserer Zeit – durch Schnelllebigkeit und Reizüberflutung gekennzeichnet – ist alles ständig in Veränderung begriffen. Die Tage sind meist zu kurz, das Maß und die Vielfalt der sich ständig wandelnden Aufgaben hoch. Schreiben mit Stift und Papier lässt Klarheit und Gelassenheit entstehen. Handgeschriebene Listen entlasten nicht nur den Kopf: Wichtiges und Alltägliches wird intuitiv getrennt. Und manchmal werden dabei Dinge glasklar, die vorher im Verborgenen lagen. Die Freude darüber, Erledigtes einfach durchzustreichen, gibt es ganz umsonst obendrauf.

Entdecken beim Schreiben

Es ist immer ein kleines Abenteuer auf Papier zu schreiben. Wo wir starten ist klar, wo wir landen meist offen. Mal eben markieren und löschen: Nicht drin. Auch der vermeintlich nicht so gelungene Satz bleibt und ergibt später vielleicht den größten Sinn. Aus den aneinander gereihten Wörtern entstehen oft Sätze, die zu Beginn nicht denkbar waren. Man bewegt sich beim Schreiben mit der Hand: Oft zu gedanklichen Stellen, die zu Beginn nicht absehbar waren. Zu Themen und Ideen – nur scheinbar aus dem Nichts entstanden. Kaum etwas ist so kreativ wie Schreiben mit der Hand.

Schreibend loslassen

Harry Potter-Fans werden sich an das Denkarium von Albus Dumbledore, dem legendären Schulleiter von Hogwarts erinnern. Was ihm auf der Seele lastete, was ihm zu viel wurde, das legte er als Gedankenfaden in eben diesem ab. Schreibend abgeben, ja loslassen – das erzeugt Erleichterung. Wie beim Meditieren entsteht eine innere Ruhe, die uns Dinge besser verstehen und verarbeiten lässt, die uns beim Denken unterstützt, und uns entspannen lässt. Loslassen gelingt so einfacher – egal ob es sich um einen Abschiedsbrief oder eine Einkaufsliste handelt.

Erinnern durch Handschrift

Wer schreibt, der bleibt. Wer mit der Hand schreibt, leistet körperliche Arbeit. Manchmal auch schwitzend. Gefühle lassen beim Schreiben eine Träne herunterlaufen oder eine Zornesfalte auf der Stirn entstehen. Alles was wir schreiben oder beim Schreiben malen – Buchstaben, Kritzeleien, Striche – bleibt dadurch im Körpergedächtnis verhaftet. Handgeschriebenes katapultiert uns noch nach Jahren in die damalige Lebenssituation. Ein kleines Notizbuch ermöglicht eine Zeitreise. Man reist zu sich selbst und hinterlässt anderen etwas, was kaum persönlicher sein kann. 

Das Positive des per Hand Schreibens beweist auch ein Experiment, das 2004 an der Technischen Universität Dresden durchgeführt wurde: 66 angehende Ingenieure mussten eine knifflige Konstruktionsaufgabe lösen. Jeweils ein Drittel bekam dafür Bleistift und Papier, einen PC mit Grafiktablett oder einen PC mit CAD-Software gestellt. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Die Freihandzeichnungen mit Papier und Bleistift waren mindestens gleich gut wie die Tablet-Skizzen, wurden jedoch wesentlich schneller erstellt und waren für Betrachter zudem verständlicher als die CAD-Entwürfe. 

Jeder Trend erzeugt über kurz oder lang einen Gegentrend. Der Gegentrend zur immer massiveren Digitalisierung und daran gebundenen Beschleunigung, die all unsre Lebensbereiche durchdringt, ist die Rückkehr und Besinnung auf das Analoge. Dazu gehört auch das Schreiben mit der Hand. Es befriedigt die große Sehnsucht nach Vereinfachung und nach Entschleunigung. Denn auch, wenn dieses Wort reichlich inflationär benutzt wird, beschreibt es dennoch gut, was viele Menschen so sehr wollen: Raus aus der Hektik, raus aus der permanenten Reizüberflutung, rein in die Ruhe, hin zur inneren Ausgeglichenheit. 

Geht’s Ihnen nicht auch so?

Dann schreiben Sie doch mal wieder mit der Hand.


chevron-down